10 Jahre MUSE-O in Gablenberg – Der Weg zum Stadtteil- und Kulturzentrum

veröffentlicht am 08. November 2015

Ende der 90er-Jahre war das Alte Schulhaus in Gablenberg in jämmerlichem Zustand. Der damaligen Bezirksvorsteher Peter Fischer und der Gablenberger Historiker Ulrich Gohl schmiedeten trotzdem an der Vision eines Bürgerhauses mit Museum. Dass dieses Projekt wahr wurde, ist maßgeblich der Beharrlichkeit dieser beiden und weiterer Mitstreiter zu verdanken. Eine Portion Glück und Risikofreude der Beteiligten haben ebenfalls dazu beigetragen, dass MUSE-O in diesem Jahr seinen 10. Geburtstag feiert.
„Eine Ruine“ sei das alte Schulhaus damals gewesen, erinnert sich Ulrich Gohl, der von Beginn an zum Vorstand des MUSE-Vereins gehörte und mittlerweile auch als geschäftsführender Kurator für die meisten Ausstellungen verantwortlich zeichnet. Und denkt heute: „Wenn wir gewusst hätten, was auf uns zukam, hätten wir es nicht gemacht.“ Zwei Mal sei man nahe dran gewesen, alles „hinzuschmeißen“: einmal, nachdem der damalige OB Schuster bei einer Bürgerversammlung horrende Zahlen in den Raum gestellte hatte, die die Engagierten sozusagen „kalt erwischten“, sich aber letztlich nicht bewahrheitet haben. Und auch als die Stadt ihren Zuschuss davon abhängig machte, dass der inzwischen gegründete Verein MUSE-O 30 Prozent der Sanierungskosten selbst aufbringen müsse, herrschte zunächst Ratlosigkeit. „Das waren um die 500 000 Mark“, erinnert sich Gohl. Die Aufgabe erschien unlösbar; dennoch entschied sich der Vorstand, das Risiko einzugehen. Über persönliche Haftung habe man gar nicht nachgedacht, sagt Gohl, ein bisschen Naivität gehöre bei so einem Projekt wohl auch dazu.
Der Verein mobilisierte Unterstützer und Helfer,  beschaffte Geld und organisierte eine enormes Maß an Eigenleistungen: Architekt und Vereinsmitglied Karl-Heinz Romankiewicz leitete rund 18 Monate ehrenamtliche Arbeit auf der Baustelle an; die örtlichen Handwerker erbrachten durch ihre Unterstützung und durch großzügige Nachlässe ebenfalls einen enormen Anteil. Und die mit Spendenschildern versehenen Stühle und die Stufen im Treppenhaus führen vor Augen, wie viele Gablenberger und andere mit Spenden zum Gelingen der Sanierung beigetragen haben.

Heute ein Schmuckstück - das alte Schulhaus, Heimat von MUSE-O (Foto: aia)

Heute ein Schmuckstück – das alte Schulhaus, Heimat von MUSE-O (Foto: aia)

Aber auch das berühmte Quäntchen Glück gehörte dazu: Ende der 90er-, Anfang der 2000er-Jahre war gerade wieder etwas mehr Geld im Stadtsäckel und die Bereitschaft, in Kultur zu investieren, größer. Auch das Kunstmuseum ist in dieser Zeit entstanden. MUSE-O, seit einigen Jahren von der Stadt institutionell gefördert, steht heute auf solider Grundlage und überrascht immer wieder mit dem Niveau seiner Ausstellungen.
Die wechselnden Ausstellungen im Haus – durchschnittlich sind es vier im Jahr – locken regelmäßig zahlreiche Besucher an, bei den Vernissagen sind die Räume meistens drängend voll. Mit dem Fokus auf speziellen Themen wie der Neckarschifffahrt, den Kinos oder Bierbrauereien, dem Weinbau oder der Textilindustrie im Osten – um nur einige jüngere Beispiele zu nennen – lässt MUSE-O die Lokalgeschichte lebendig werden. Die Bürger sind dabei nicht nur Konsumenten, sondern immer auch Mitwirkende der Schauen. Sie steuern Gegenstände, Dokumente, Fotos und vor allem ihre Erinnerungen und Geschichten bei. So kommen fast immer im Verlauf einer Ausstellung neue Aspekte hinzu. Die jetzt beendete Jubiläumsausstellung „Made in S-Ost“ war sogar von vornherein auf einen zweiten Teil hin ausgerichtet, der im kommenden Jahr gezeigt werden soll – mit alledem, was in der ersten Auflage nicht unter- oder in deren Verlauf noch dazukam.

Glocken-Ausstellung

Glocken-Ausstellung 2014/15

Auch die pfiffige, ganz unterschiedliche Aufbereitung der Ausstellungen zeugt von Kreativität: Mal hängen Schautafeln an den Wänden, mal werden Exponate im Raum platziert; verschiedenste Medien vom Audio-Guide bis zum Touchscreen liefern zusätzliche Information oder Sinnesreize. Zudem werden alle Ausstellungen von Vorträgen oder anderen Veranstaltungen begleitet.
Aber das Museum ist keineswegs alleiniger Nutzer des Alten Schulhauses. Da gibt es noch die Fahrradschrauber, die im ehemaligen Toilettenhäuschen im Hof eine offene Werkstatt eingerichtet haben und Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. Oder die Nutzer der Vereinsräume im zweiten Stock wie die Stuttgarter Schachfreunde oder die Briefmarkensammler vom WPhV. Auch von Privatleuten können diese Räume für Veranstaltungen oder Feiern gemietet werden. In die Nistboxen ganz oben unterm Dach fliegen jeden Sommer einige Mauersegler-Paare ein und ziehen ihren Nachwuchs groß – was dank Kameras und Verkabelung der Boxen im „Mauersegler-Kino“ beobachtet werden kann.
Und auch das Café MuseO im Erdgeschoss bringt viel Leben ins Haus. Es bietet Mittagstisch und warme Küche am Abend, Kaffee und Kuchen, immer wieder Sonderaktionen und Veranstaltungen in Kooperation mit dem Verein MUSE-O.

Text: K. Ait Atmane

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