Tri-tra-trullala: eine Ausstellung über Puppenspieler in Stuttgart

veröffentlicht am 16. März 2013

Am Samstag, dem 27. April eröffnet MUSE-O um 15 Uhr feierlich seine neue Ausstellung. Es geht um die Geschichte des Kasper- und des Marionettenspiels hierorts. Im Begleitprogramm sind die Auftritte von mehreren Puppenspielern vorgesehen.Stuttgart gilt in Deutschland als die Hauptstadt des Puppentheaters, darin sind sich die Fachleute einig. Nirgendwo ist die Dichte an entsprechenden Einrichtungen höher, kaum irgendwo gibt es mehr Puppenspieler. Das Publikumsinteresse zeigt sich in der Region stärker als anderswo, und die Stadt fördert dieses Kultursegment erheblich. Zwei der ständigen Figurenbühnen spielen im Osten der Stadt, und so hat sich MUSE-O, der Museumsverein des östlichen Bezirks, des Themas angenommen.

Zunächst informieren Bild-Text-Tafeln in groben Zügen über die Frühzeit, die Entwicklung und die Gegenwart dieser Unterhaltungskunst. Sodann erzählt die Ausstellung von drei Puppenspieler, die hauptsächlich hier in der Stadt gewirkt haben.

Engelbert Wittich (1878-1937), gebürtig aus Lützenhardt, gehörte zu den Fahrenden Leuten. Pure Not trieb ihn dazu, auf seinen Wander- und Verkaufsfahrten auch mit Handpuppen sein Publikum zu unterhalten. Seit den 1910er-Jahren lebte er in Stuttgart, auch an mehreren Stellen im Osten. Seine Untersuchungen über das Zigeunerleben – er war mit einer Sintiza verheiratet – und über die umherziehenden Puppenspieler verschafften ihm ihn in Fachkreisen einen guten Namen, aber leider kein gutes Auskommen.

Kasperle auf Volksfest, 1835

Kasperle auf Volksfest, 1835

Der Münchner Georg Deininger (1882-1946), von Beruf eigentlich Dentist, kam 1925 nach Stuttgart und betrieb hier ein großes Marionettentheater im Stadtgarten. Seine selbstgeschnitzten Puppen machten ihn berühmt. Schon vor der „Machtergreifung“ Hitlers gehörte er der Nazi-Partei an; gleich 1933 versuchte er, die Puppenspieler unter seiner Führung den Nationalsozialisten zu unterwerfen, was ihm jedoch misslang.

Deininger, Faust und die Dämonen, 1931, aus Theatre Arts

Deininger, Faust und die Dämonen, 1931, aus Theatre Arts

Ernst Gillmann (1907-1969) aus Dortmund war Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend und spielte in ihren Reihen mit Handpuppen. Während seiner Wanderschaften Ende der 1920er-/Anfang der 1930er-Jahre verdiente er sich durch Puppenspiel ein Zubrot. Während des Dritten Reiches hätte er nur im Rahmen der staatlichen Kulturorganisationen auftreten können, doch dies war ihm zuwider. Gleich nach dem Kriege gründete er in Stuttgart ein Puppentheater – und spielte zum Teil mit Deininger-Marionetten (!), später vor allem mit Handpuppen des genialen Schnitzers Fritz Herbert Bross. Der wirtschaftliche Erfolg blieb aber aus.

Wanderbühne von Gillmann 1933

Wanderbühne von Gillmann 1933

Eine weitere Bild-Text-Tafel unterrichtet über ein besonderes Kapitel der Puppentheatergeschichte. Kulturfunktionäre des NS-Regimes planten 1938 die Einrichtung eines „Reichsinstituts für Puppenspiel“. Es sollte in Stuttgart entstehen, genauer gesagt im beschlagnahmten Waldheim in Sillenbuch, dem heutigen Clara-Zetkin-Haus. Der Krieg machte die Pläne zunichte.

Neben historischen Handpuppen und Marionetten, teilweise von MUSE-O-Besuchern zur Verfügung gestellt, werden auch moderne Figuren der beiden im Stadtbezirk beheimateten Bühnen – la-plapper-papp und Tredeschin – in der Ausstellung zu sehen sein.

Als besondere Höhepunkte wird MUSE-O an etwa zehn Sonntagen während der Laufzeit der Ausstellung, jeweils um 15 Uhr, Puppenstücke von rund 30 bis 45 Minuten Dauer präsentieren, dargeboten von Tredeschin, la-plapper-papp und anderen Gruppen. Ein Faltblatt und Einträge auf der Homepage informieren über die genauen Termine. Ein spezieller Beitrag wird dazu nicht erhoben, er ist sozusagen im Ausstellungseintritt von zwei Euro enthalten.

Eröffnet wird das Ganze in einem Festakt. Begrüßungsworte spricht der Stuttgarter Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle, einen kurzen Einführungsvortrag hält der Kurator Ulrich Gohl. Daran schließen sich eine Aufführung des Theaters Tredeschin und ein Ausstellungsrundgang an.

 

Tri-tra-trullala. Puppenspieler in Stuttgart, besonders im Stuttgarter Osten. Eine MUSE-O-Ausstellung von Ulrich Gohl
MUSE-O, Gablenberger Hauptstr. 130, 70186 Stuttgart
Eröffnung Sa., 27. April 2013, 15 Uhr; Ausstellung bis 25. August 2013, verlängert bis 29. September 2013
geöffnet Sa, So 14-18 Uhr (mit weiterführenden Informationen)
Eintritt: € 2,-, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre frei
MUSE-O wird institutionell gefördert vom Kulturamt der Stadt Stuttgart.

 

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