Überraschung bei der „Tiergärten“-Vernissage
Zunächst sah es so aus, als sollte dies eine schöne und würdige, aber doch recht normale Ausstellungseröffnung werden. Doch dann nahm die MUSE-O-Veranstaltung am Ostermontag eine unerwartete Wendung… Aber der Reihe nach.Über 50 Besucherinnen und Besucher drängten sich an diesem Nachmittag zwischen den Schautafeln und Vitrinen, neugierig darauf, was die Ausstellungsmacher von MUSE-O denn diesmal zu bieten hätten. Winfried Linse trug launige Tiergedichte vor, der MUSE-O-Vorsitzende Peter Metzler begrüßte die Erschienenen, dankte all denen, die die Darstellung erst möglich gemacht hatten. Jörg Kurz, auf dessen Buch „Vom Affenwerner bis zur Wilhelma“ die Ausstellung beruht, erläuterte eindrücklich, wie sich das Verhältnis des Menschen zum Tier, besonders zum Zootier, in den letzten 200 Jahren verändert hat, versäumte auch nicht, auf die Gefährdung vieler Tierarten hinzuweisen; schließlich zerstöre der Mensch Tag für Tag die Lebensgrundlagen der Wildtiere. Kurator Ulrich Gohl sprach von der Aura, die von den bis zu zwei Jahrhunderte alten Exponaten dieser kleinen, feinen Ausstellung ausgehe.
Man war’s zufrieden, studierte die Bild-Text-Tafeln mit ihren vielen schönen Abbildungen, genoss die Objekte aus dem Besitz des königlichen Tier-Couriers Seitz, der Löwenbändigerin Claire Heliot und eines Nippes-Sammlers.
Eine gewisse Aufregung aber kam auf, als ein Besucher aus einer Plastiktüte einige provisorisch mit Klebestreifen zusammengehaltenen Teile eines Plakates herausnestelte. Es erwies sich beim genauen Hinsehen als großformatige Werbung für das Aquarium im Nillschen Tiergarten, vom Künstler Friedrich Specht gezeichnet, von seinem Bruder August Specht auf Lithographiesteine übertragen und von der „Lith. Kunstanstalt v. A. Gatternicht Stuttgart“ um das Jahr 1900 aufs Sorgfältigste gedruckt. Auch die als Leihgeber anwesenden Sammler und andere Fachleute hatten das wunderbare Motiv mit Krake, Meeresschildkröte, Hummer und Hai noch nie gesehen. Spätere Nachforschungen haben ergeben, dass das Blatt offenbar noch nirgends abgedruckt wurde und dass weder das hiesige Stadtarchiv, noch das Stadtmuseum Stuttgart ein solches Exemplar besitzen. Mit einem Wort: ein sensationelles Stück, das da in einer Abstellkammer eines Gebäudes auf dem Frauenkopf zu Tage getreten war.
Wie geht es nun weiter mit dem tollen Fund? Derzeit lässt MUSE-O das Blatt fachkundig (und aufwändig) restaurieren. Ab etwa Ende April wird es dann in der Ausstellung zu sehen sein, gleich neben dem Parallelbild von Specht mit dem löffelnden Schimpansen. Nach dem Willen des Entdeckers soll es nach Abschluss der Ausstellung an das Stuttgar-ter Stadtmuseum übergeben werden. Vielleicht sieht man es dann ab Herbst 2017 im Wilhelmspalais.